Dank bakterieller Schnell-PCR bei schweren Lungenentzündungen schneller die richtigen Antibiotika verabreichen
Forschenden des Universitätsspitals Basel unter der Leitung von Prof. Daiana Stolz ist ein Durchbruch bei der Behandlung von schweren Pneumonien gelungen. Die Klinik für Pneumologie am Universitätsspital Basel, in enger Zusammenarbeit mit den Kliniken für Innere Medizin und Infektiologie hat die Abgabe von Antibiotika optimiert, indem sie bakterielle PCR-Schnelltests einsetzt. Die weltweit erste randomisierte Studie dazu wurde heute in der renommierten Zeitschrift «Lancet Respiratory Medicine» publiziert.
2022-11-17, 22:07 Uhr
Infekte der oberen und unteren Luftwege sind sehr häufig und tragen zu fast 75% des gesamten Antibiotikaverbrauches weltweit bei. Es ist deshalb sehr wichtig, dass nicht auch noch bei viralen Infekten Antibiotika eingesetzt werden, die hier nicht wirken, aber zusätzlich zur Entwicklung von Antibiotikaresistenzen beitragen.
In einer Vorstudie, publiziert 2018 in der Zeitschrift Chest, konnte nachgewiesen werden, dass die bakterielle PCR-Technik zuverlässige Resultate liefert, auch im Vergleich zur herkömmlichen Methode mit 2-3 Tage lang angesetzten Bakterienkulturen.
Es erfolgte nun die weltweit erste randomisierte Studie (Flagship 2), in welche 208 Patienten, die eine Lungenspiegelung wegen schwerer Pneumonie brauchten, eingeschlossen wurden. Die Hälfte der Patienten wurde wie bisher mit Breitspektrum Antibiotika behandelt und nach Erhalt der Bakterienkulturen und Resistenzmuster wurden die Antibiotika sekundär angepasst. In der anderen Hälfte der Patienten wurde die bakterielle PCR eingesetzt und die Resultate, die bereits nach 4 Stunden vorhanden waren, zur besseren Auswahl per Antibiotika benützt.
Bei Patienten, die dank der Schnell-PCR gemanagt wurden, war die Dauer der nicht gerechtfertigten Breitbandantibiotikagabe um 45% kürzer als bei Patienten, welche mit der klassischen Kultur gemanagt wurden. Der raschere Wechsel auf zielgerichtete «enge» Antibiotika führte zu keinem Nachteil bezüglich Heilung der Lungenentzündung.
Weg vom «Giesskannenprinzip»
Leidet ein Patient unter Husten, Fieber und Atemnot, so vermutet der Hausarzt eine Pneumonie (Lungenentzündung). Wenn ein typischer Befund beim Abhören vorliegt, eine Erhöhung der Entzündungswerte im Blut gemessen wird und sich eine Verdichtung auf dem Röntgenbild zeigt, wird eine Pneumonie diagnostiziert. Bei weitgehend gesunden Personen, die an einer Pneumonie leiden, werden dann Antibiotika verschrieben, ohne dass eine spezifisch gezielte Erregerdiagnostik durchgeführt werden muss.
Handelt es sich bei Patienten mit einer Pneumonie um Risikopersonen, welche ein geschwächtes Immunsystem haben, kürzlich hospitalisiert waren oder an einer sehr schweren Pneumonie leiden, so wird eine Erregerdiagnostik so rasch wie möglich angestrebt. Mittels Bronchoskopie (Lungenspiegelung) wird bei diesen Patienten Spülflüssigkeit aus der Lunge für die Erregerdiagnostik entnommen, dabei erfolgen Virusnachweise sowie Kulturen für Bakterien und Pilze. Hat sich die PCR-Diagnostik, die seit Covid-19 auch Laien bekannt ist, zum Nachweis verschiedenster Viren seit über 10 Jahren etabliert, so basiert die Diagnostik vom Bakterien nach wie vor auch auf Bakterienkulturen, die mindestens 48 Stunden Zeit brauchen bis zum Nachweis . Da eine rasche Antibiotikagabe bei schweren Pneumonien jedoch lebensrettend ist, werden diese Patienten mit Breitspektrumantibiotika behandelt, welche potentiell auch sogenannte gram negative Bakterien abdecken, auch wenn noch kein bakterieller Befund aus dem Labor vorliegt. Risikofaktoren für gramnegative Erreger war in zwei Drittel der Fälle in der Studie ein geschwächtes Immunsystem.
Prof. Daiana Stolz, leitende Ärztin an der Klinik für Pneumologie am Universitätsspital Basel und seit Oktober 2021 Direktorin und Chefärztin der Pneumologie am Universitätsklinikum Freiburg im Breisgau hat nun bereits eine Nachfolgestudie in erweiterter Form in die Wege geleitet. Nachdem die Technik der bakteriellen Schnell-PCR noch weiter verbessert werden konnte, hat die Flagship 4 Studie bereits begonnen. Dabei wird nicht nur die bakterielle Schnell-PCR sondern auch die virale Schnell-PCR ins Management der Patienten integriert und es werden auch die sogenannt gram positiven Erreger mit dieser Schnellmethode erfasst. Es ist vorgesehen, über 700 Patienten in diese neue laufende Studie einzuschliessen.
Zusammenfassend trägt die neue Technologie zur rascheren Erregerdiagnostik und zur besseren Steuerung der Antibiotikatherapie bei Patienten mit schweren Lungenentzündungen bei und wird mittelfristig die Antibiotikaresistenzentwicklung günstig beeinflussen.
Hier geht es zur Zeitschrift «Lancet Respiratory Medicine».