Altersbedingter Hörverlust: Chancen durch neue Erkenntnisse

Altersbedingter Hörverlust betrifft rund ein Drittel der Menschen ab 65 Jahren. Ab dem 80. Lebensjahr sind sogar rund 80 % der Personen davon betroffen. Am Universitätsspital Basel forscht ein Team um Prof. Daniel Bodmer, darunter auch Dr. Maurizio Cortada intensiv an neuen Therapieansätzen, um diesen Hörverlust künftig besser behandeln zu können.

2024-09-26, 14:00 Uhr

Dr. Maurizio Cortada, Assistenzarzt, PhD, Hals-Nasen-Ohren Klinik, forscht am Universitätsspital Basel über den Hörverlust im Alter. Am Innenohr von Mäusen untersuchte Dr. Cortada einen spezifischen Signalweg und entdeckte, dass dieser in den Haarzellen ein zentraler Regulator ist. So waren Mäuse, nach dem Ausschalten eines zentralen Gens dieses Signalweges im Verlauf ihres Lebens komplett taub. Das Hörorgan von Mäusen ist vom Aussehen und der Funktionsfähigkeit dem des Menschen sehr ähnlich.

 

Der Hörvorgang selbst ist ein komplexer Prozess. Schallwellen gelangen durch das äussere Ohr zum Trommelfell und versetzen dieses in Schwingung. Diese Vibrationen werden über die Gehörknöchelchen zur Hörschnecke im Innenohr übertragen, wo sie Bewegungen in einer Membran auslösen, auf der die Haarzellen sitzen. Oben auf diesen Zellen befinden sich winzige Haarbündel, die sogenannte Stereozilien. Bei Bewegung öffnet sie eine Klappe auf den Stereozilien, was zu einem elektrischen Signal führt, welches an das Gehirn weitergeleitet wird und so das Hören ermöglicht.

 

Dr. Cortadas Forschung konzentriert sich auf das Innenohr, insbesondere auf die Haarzellen, die eine essenzielle Rolle im Hörvorgang spielen. Diese Haarzellen, von denen Menschen etwa 15'000 besitzen, sterben im Laufe des Lebens ab und werden nicht erneuert. Allerdings entdeckte das Forscherteam, dass der Hauptgrund für den Hörverlust bei den Mäusen ohne funktionierenden Signalweg nicht primär das Absterben dieser Haarzellen ist, sondern der Funktionsverlust der Hörsinneszellen. So kam es bei diesen Mäusen zu einer Degeneration der Haarbündel und Synapsen in den Haarzellen, was die Hörfähigkeit beeinträchtigte.

 

Diese neuen Erkenntnisse sind wegweisend, erklärt Dr. Maurizio Cortada: «Aus anderen Studien wissen wir, dass die Aktivität dieses Signalwegs mit dem Alter in den Haarzellen abnimmt. Wenn sich das bestätigt, dass der altersbedingte Hörverlust durch eine Abnahme der Aktivität dieses Signalweges verursacht wird, könnte man zum Beispiel diesen Signalweg wieder spezifisch stärken im Alter. Und dann hoffentlich altersbedingten Hörverlust verlangsamen oder gar ganz verhindern.»

 

Zukünftige Therapien könnten somit darauf abzielen, diesen Signalweg zu reaktivieren. Und somit den altersbedingten Hörverlust zu verlangsamen oder sogar ganz zu verhindern.

 

Für Betroffene wie Markus Weibel, der lange nicht wusste, dass er an Hörverlust litt, wäre eine solche Therapie revolutionär. Er berichtet, dass ihm erst durch ein Hörgerät bewusst wurde, welche Geräusche er jahrelang nicht wahrgenommen hatte: «Ich hörte nicht mehr so gut, aber ich habe das gar nicht bemerkt. Geräusche wie das Rauschen von Blättern habe ich nicht wahrgenommen.»

 

Obwohl die Forschung vielversprechend ist, wird es noch mindestens zehn Jahre dauern und weitere Studien benötigen, bis neue Therapien entwickelt und für Patient*innen verfügbar sein werden.

 

Mehr dazu im TV-Beitrag von «gesundheit heute».

 

Ihr Kontakt

Universitätsspital Basel
Dr. Maurizio Cortada
Assistenzarzt HNO
+41 61 265 41 01
allgemein.hno@usb.ch