Prof. Mira Katan bei einer Besprechung mit Kollegen vor dem Einsatzplan

Angebot

Das Hirnschlagzentrum/Stroke Center am Universitätsspital Basel ist eines von neun zertifizierten Schlaganfallzentren der Schweiz und bietet Patientinnen und Patienten eine sofortige und umfassende Behandlung. Ein koordiniertes Abklärungs- und Behandlungskonzept ermöglicht eine an bestimmte Qualitätsanforderungen gekoppelte Betreuung aller Patienten.

Informationen und Angebot

Kommt es zum Hirnschlag, sind eine Vielzahl von Symptomen charakteristisch. Oft können die Symptome auch in Kombination miteinander auftreten.

 

  • (Einseitige) Lähmung und/oder Sensibilitätsstörung
    • Plötzliche Lähmung oder plötzliches Taubheitsgefühl, meist nur einer Körperseite (Gesicht, Arm und/oder Bein).
  • Sehstörung
    • Plötzliche Blindheit, Sehstörungen auf einem oder beiden Augen nach links oder rechts oder Doppelbilder.
  • Sprechstörungen
    • Plötzlicher Verlust der Sprechfähigkeit; Unfähigkeit, Wörter und Sätze zu bilden oder Schwierigkeiten, Gesprochenes zu verstehen.
  • Drehschwindel
    • Lang anhaltender Drehschwindel, Unsicherheit beim Gehen, meist gepaart mit anderen der erwähnten Symptomen. Der isolierte Schwindel («Trümmel») gilt nicht als Hirnschlagsymptom.
  • Kopfschmerzen
    • Plötzlich auftretender, ungewöhnlicher, sehr starker Kopfschmerz.

 

Je nachdem, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist, können die Symptome sehr unterschiedlich ausfallen. Es kann beispielsweise vorkommen, dass Betroffene selbst ihre Symptome nicht als solche wahrnehmen.

Ein Hirnschlag kann ein lebensbedrohlicher Notfall sein. Jede Minute zählt! Bei der Anwendung gewisser Behandlungen steht nur ein kurzes Zeitfenster zur Verfügung. Deshalb ist jede Minute kostbar, die der Patient früher ins Spital kommt.Mit dem Symptom-Check FAST können Sie rasch erkennen, ob ein Hirnschlag vorliegt.

 

  1. Face: Bitten Sie die Person zu lachen oder die Zähne zu zeigen. Steht der Mund schief oder hängen die Mundwinkel einseitig herunter?
  2. Arm: Bitten Sie die Person, beide Arme horizontal nach vorne zu strecken, zu heben und die Daumen nach oben zu drehen. Hängt oder fällt einer der Arme runter?
  3. Speech: Bitten Sie die Person zu sprechen. Ist die Sprache undeutlich oder schwer verständlich?
  4. Time: Wenn eines oder mehrere dieser Anzeichen auftreten, zögern Sie nicht und alarmieren Sie die Notrufnummer 144.

Werden Hirnschlag-Patienten innerhalb von drei Stunden nach Symptombeginn hospitalisiert, sind die Chancen am grössten, das Spital ohne bleibende Behinderungen wieder verlassen zu können.

Das Auftreten von Symptomen eines Hirnschlages ist als dringlich zu behandelnde Gesundheitsbeeinträchtigung einzustufen. Entsprechend erfolgt der Eintritt in das Universitätsspital Basel meist über das Notfallzentrum.Hier werden die Symptome erfasst, erste Abklärungs- und unmittelbare Behandlungsschritte vorgenommen, womit die Betreuung in der sogenannten «Stroke Unit» beginnt. Unter dem Begriff «Stroke Unit» verstehen wir einen umfassenden Behandlungsablauf, welcher stationäre Sondereinrichtungen und verschiedene Massnahmen beinhaltet, die zur Betreuung von Patientinnen und Patienten mit akutem Hirnschlag eingesetzt werden:

 

  1. Bestimmung der sichtbaren Symptome
  2. EKG zur Abklärung von Herzrhythmusstörungen, Arhythmie
  3. Computertomografie ohne und mit Kontrastmittel zur Lokalisierung der Durchblutungsstörung
  4. Dreidimensionale, digitale Darstellung der Gefässsäulen zur Lokalisierung der Arteriosklerose oder Gefässverschlüsse
  5. Ultraschall-Untersuchung zur detaillierten Analyse der Gefässwände
  6. Magnetresonanztomografie
  7. Ultraschalluntersuchung des Herzen zur Abklärung von Embolie-Quellen

 

Die Behandlung ist je nach Fall unterschiedlich. Die umfassende Diagnose erlaubt den Spezialisten eine optimale Entscheidung bezüglich geeigneter Behandlungsmöglichkeiten. Bei einer Gefässverengung gilt es, diese so rasch wie möglich aufzulösen. Dies geschieht entweder über eingespritzte Enzyme, welche die Gerinnsel auflösen, oder operativ.

 

Unser Versorgungskonzept: Schnellstmögliche Abklärung und modernste Behandlung

Behandlungsplan Hirnschlagzentrum Basel

Unterstützende Therapien wie Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie und weitere Möglichkeiten ergänzen unser Angebot für Patientinnen und Patienten. Mit diesen Massnahmen können langfristig sehr gute Resultate erzielt und eine zusätzliche Steigerung der Lebensqualität erreicht werden. Auch die Angehörigen können von diesen Leistungen profitieren.

Die ergotherapeutische Abklärung und Behandlung ist dann angezeigt, wenn eine Hirnschlag-Patientin oder -Patient eine Lähmung erlitten hat oder Beeinträchtigungen der kognitiven Leistungen auftreten. Zu den kognitiven Leistungen zählen die Fähigkeit des Handelns und/oder Planens, das Gedächtnis und die Konzentration. Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten zeigen den Betroffenen Wege und Hilfsmittel, zum Beispiel wie sie eine gelähmte Hand bei alltäglichen Verrichtungen wieder gezielt einsetzen können, um wieder in den Alltag zurückzukehren. Deshalb findet die ergotherapeutische Behandlung im Patientenzimmer statt. Zusätzlich kann die Behandlung auch in der Therapieküche oder Werkstatt erfolgen. Dort liegt der Schwerpunkt bei der Abklärung und dem Training des selbstständigen Ausführens von Handlungsabläufen (z.B. im Haushalt).

Bei Sprachstörungen, die sich durch Probleme beim Verstehen, Lesen, Sprechen und Schreiben äussern, versucht die Logopädin Möglichkeiten zu finden, die eine Kommunikation erleichtern. Im weiteren Verlauf werden die sprachlichen Schwierigkeiten der Betroffenen mit gezielten Sprechübungen angegangen. Bei Sprechstörungen, welche sich in undeutlicher Artikulation und Veränderung der Satzmelodie und des Stimmklangs äussern, wird in der Therapie eine bestmögliche Verständlichkeit angestrebt.

Nach einem Hirnschlag können Patienten in unterschiedlichem Ausmass in ihrer Selbständigkeit beeinträchtigt sein. Es können Lähmungen, Veränderungen der Sensibilität, der Wahrnehmung, der Koordination und/oder der Bewegungsplanung auftreten. Häufig hat das Ereignis auch eine Beeinträchtigung der Gehfähigkeit zur Folge. Ziel der Physiotherapie in der Akutphase ist es, die täglichen Bewegungsabläufe mit der nötigen Unterstützung wieder zu erlernen. Dabei achtet die Therapeutin auf die Bewegungsqualität um das Erlernen von unnötigen Kompensationsbewegungen zu vermeiden. Dazu sind die individuell angepassten und fachgerechten Hilfestellungen der Physiotherapeutin entscheidend. Mit dieser Unterstützung sollen beeinträchtigte Bewegungen kontrolliert und die betroffene Körperseite wieder gezielt eingesetzt werden. Je nach Situation erfordert die Behandlung in der Akutphase den Einsatz von zwei Physiotherapeutinnen.

Je nach Schweregrad und Verlauf der Erkrankung und entsprechend dem Ausmass der Beeinträchtigungen ist eine weiterführende Rehabilitation in einer spezialisierten Institution angezeigt. In diesem Fall werden die betroffenen Patientinnen und Patienten direkt im Anschluss an den Aufenthalt bei uns in eine geeignete Klinik verlegt.Am Hirnschlagzentrum besteht eine spitalübergreifende Hirnschlagbehandlungskette zur Neurorehabilitationsabteilung im Felix-Platter Spital. Diese zeichnete sich durch Rotationen auf Stationsarztebene und eine in beiden Spitälern verankerte ärztliche Leitung aus, was zu einer einheitlichen Behandlungsdoktrin führt. Daneben bestehen auch  langjährige Partnerschaften mit anderen Reha-Kliniken der Umgebung, was eine reibungslose und unbürokratische Überweisung zur Folgebehandlung bedeutet.

Der Sozialdienst des Universitätsspitals Basel ist eine eigenständige Fachgruppe und Teil des interdisziplinären Behandlungsteams im Spital. Unser Selbstverständnis basiert auf einer ganzheitlichen Sichtweise von körperlichen, psychischen sowie sozialen Faktoren. Dies bedeutet, dass wir mit Ihnen und Ihren Angehörigen die jeweilige Problemlage erfassen und versuchen, eine tragfähige Anschlusslösung zu erarbeiten.

 

Wir beraten Sie unter anderem zu folgenden Themen:

  • Ambulante Hilfsangebote
  • Austrittsplanung und Rehabilitation
  • Wohnsituation und Obdachlosigkeit
  • Erwerbsarbeit in Zusammenhang mit Krankheit/Behinderung
  • Sozialversicherungen
  • Finanzielle Probleme und Schuldensituation
  • Kindes- und Erwachsenenschutzrecht
  • Abhängigkeitserkrankungen
  • Migration
  • Gewalt und Opferhilfe

 

Falls Sie ein Gespräch mit dem Sozialdienst wünschen, wenden Sie sich bitte an Ihren behandelnden Arzt/Ihre behandelnde Ärztin, an das zuständige Pflegepersonal oder nehmen Sie direkt mit uns Kontakt auf. Wir stehen Ihnen gerne mit unserer fachlichen Kompetenz zur Verfügung.

 

Kontakt

Sozialdienst Medizin

Thomas Rohrbach

Tel. +41 61 265 74 90

thomas.rohrbach@usb.ch

Informationen für Zuweiser

Unsere Kompetenzen sind auf die notfallmässige Abklärung und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit akutem Hirnschlag und transitorisch ischämischer Attacke (Streifung) fokussiert. Für die Wiedereröffnung verschlossener Hirnarterien wendet unser hochspezialisiertes Team sowohl die medikamentöse Thrombolyse wie auch die verschiedenen Modalitäten neurovaskulärer kathetertechnischer Eingriffe an. Diese Massnahmen finden unter sorgfältiger Überwachung in den Intermediate Care Betten der sogenannten Stroke Unit, die das Kernstück des Stroke Centers bildet, statt.

 

Als zertifiziertes Hirnschlagzentrum verfügen wir über die technischen sowie personellen Voraussetzungen für sämtliche notwendigen diagnostischen und therapeutischen Massnahmen. Unsere Nähe zu Universität und Forschung schafft uns hier einen bedeutenden Vorteil, denn: Ein Hirnschlag erfordert eine spezialisierte, interdisziplinäre Beurteilung infolge neuer Behandlungsstrategien, die einerseits bereits klinisch erprobt sind, andererseits in Entwicklung stehen.

Fachinformationen

Der Hirnschlag äussert sich in einem akuten fokalen neurologischen Defizit infolge einer vaskulären Pathogenese. Diese Definition umfasst Ereignisse mit bleibender fokaler Dysfunktion des zentralen Nervensysterns (üblicherweise des Gehirns) ein, welche mit einer Erkrankung einhergeht, die die Hirnzirkulation betrifft. Sind die Symptome passager, spricht man von einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA). Zwei Typen von Hirnschlag werden unterschieden: Der ischämische und der hämorrhagische.Der ischämische Hirnschlag ist häufiger anzutreffen d.h. in 85-90% der Fälle, während der hämorrhagisch verursachte in 10-15% der Fälle zu sehen ist. Der ischämische Hirnschlag wird durch eine transitorische oder permanente Verminderung oder Unterbrechung des Blutflusses einer Region des Gehirns verursacht. Wenn der ungehinderte Blutfluss nicht innerhalb der ersten Minuten oder Stunden wieder hergestellt ist, kommt es zu metabolischen Prozessen (s. u.), die zur Nekrose des Hirngewebes führen (zerebraler Infarkt). Wenn sich dagegen eine okkludierte Arterie rasch wieder eröffnet und sich so eine konsekutive Verbesserung oder Normalisierung des Blutflusses umgehend wieder einstellt, sind die Gewebsläsionen sehr gering und die zugrundeliegenden Symptome können sich in einer transitorischen TIA äussern.

 

Ein fokal neurologisches Ereignis, dessen Symptome und neurologischen Ausfälle nicht länger als bis zu 24 Stunden andauern, wird als TIA bezeichnet. TIA's repräsentieren etwa 10% aller fokalen zerebralen ischämischen Ereignisse. Ungefähr ein Drittel der TIA's kündigen einen drohenden Schlaganfall an und in ca. einem Drittel der etablierten Schlaganfälle ging eine TIA voraus. In den meisten Fällen dauerten die TIA's nicht länger als einige Minuten.

 

Der hämorrhagische Hirnschlag ist bedingt durch eine Hämorrhagie mit Lazeration des Hirnparenchyms, Oedem und konsekutiver Entstehung von Nekrosen. Meist ist die Ursache die Ruptur einer kleinen penetrierenden Arteriole. Bei primärer intrazerebraler Hämorrhagie kommt eine Ausdehnung der Blutung in den Subarachnoidalraum vor. Seltener kann Blut im Ventrikelsystem festgestellt werden. Die intraventrikuläre Hämorrhagie beeinflusst jedoch die Prognose der intraparenchymatösen Hämorrhagie im ungünstigen Sinne. Ein sekundär hämorrhagischer Infarkt entspricht einer Blutung in einer primär ischämischen Zone. Sequentielle Computertomographien zeigen, dass im Verlauf von bis zu einem Monat nach Auftreten der Symptome bis zu einem Drittel der zunächst Infarkte von einer ischämischen hämorrhagischen Transformation begleitet sind. Gelegentlich ist es deshalb schwierig, zwischen einer primären intrazerebralen Hämorrhagie und einem zerebralen Infarkt mit sekundärer Hämorrhagie zu unterscheiden. Die Diagnose der Subarachnoidalblutung ist bei fehlenden neurologischen Defiziten im Initialstadium gelegentlich schwierig zu stellen.

In westlichen Ländern sind Hirnschläge ursächlich häufig auf eine Atherosklerose des kardiovaskulären Systems zurückzuführen. Meistens handelt es sich um Embolien, seien sie arterio-arteriell, kardio-arteriell oder aorto-arteriell. Zirka ein Viertel der Hirnschläge sind kardiogener Genese. Bei früher Durchführung zerebraler Angiographien, d.h. innerhalb der ersten 24 Stunden nach Auftreten der Symptome, kann man bei vielen betroffenen Patienten distale Okklusionen zerebraler Arterien erkennen. Die zerebrale Mikroangiopathie, die assoziiert mit Hypertonie oder Diabetes mellitus auftritt und zu lakunären Infarkten führt, ist ebenfalls haufig. Lokale Erkrankungen der Himarterien sind eine weniger häufige Ursache von Hirnschlägen. Hämodynamische Veränderungen sind eine seltene Ursache eines Hirnschlages und treten z.B. bei Okklusion oder hochgradiger Stenose der A. carotis interna (ACI) und gleichzeitiger systemischer Blutdruckminderung auf. Die ischämischen Läsionen, die in diesen Situationen auftreten, werden als Grenzscheideninfarkte, d.h. Infarkte, die am Rande zweier benachbarten arteriellen Territorien lokalisiert sind, bezeichnet. Unter Berücksichtigung der Inzidenz von Hirnschlagursachen sind die folgenden zu nennen:

  • Arteriosklerotische Erkrankungen der Karotiden und der vertebrobasilären Arterien
  • Kardioembolische Ursachen
  • Zerebrale Mikroangiopathie
  • Andere Äthiologien

Die Reduktion des zerebralen Blutflusses behindert den zellulären Stoffwechsel durch Unterbrechung der Sauerstoff- und Glucosezufuhr und führt zur Akkumulation von Laktat. Zellen des Hirnparenchyms sind besonders anfällig auf Ischämie und die dadurch bedingten metabolischen Veränderungen. Beim Verschluss einer Arterie kommt es zu einem im Zentrum besonders ischämischen Gewebeschaden, aus dem sich ein Infarkt entwickelt. Diese Region ist umgeben von der Penumbrazone, einem weniger ischämischen Gewebe mit potentiell reversibler Schädigung. Das Ausmass dieser ischämischen Läsion ist abhängig von der Dauer der Zirkulationsminderung. Zelluläre Mechanismen der fokalen Ischämie am Hirngewebe sind seit der Entwicklung entsprechender tierexperimenteller Modelle der Erforschung zugänglich geworden. Als Verfahren der Wahl hat sich die Okklusion der ACM bei der Ratte durchgesetzt. Die sekundär entstehenden zellulären Mechanismen der zerebralen Ischämie, die zum Infarkt führen sind in mehreren einzelnen Schritten zu beschreiben. Die metabolischen Veränderungen sind zum Teil gehirnspezifisch. Die dafür verantwortlichen Komponenten sind die exzitatorische Glutamatfreisetzung, die Konzentrationsveränderungen an freiem Kalzium, die Aktivierung von Proteasen, die Entstehung freier Radikale und die Mediation einer Gewebeentzündungsreaktion mit Einwandern von Makrophagen.

 

Die zentrale Rolle der exzitatorischen Transmittersubstanz Glutamat besteht in ihrer Freisetzung aus ischämischen Zellen durch Depolarisation sowie der Unmöglichkeit der Wiederaufnahme aus dem interzellulären Raum und dem synaptischen Spalt. Daraus entsteht eine persistierende depolarisierende Wirkung auf Neurone. Glutamat wird mit Hilfe der Na-K Adenosin-Triphosphat (ATP)ase aus dem Extrazellulärraum nach intrazellulär transportiert. Neurone und Astrozyten sind in der Lage, diese Stoffwechselfunktion zu erbringen. Die extrazelluläre Glutamatkonzentration beträgt normalerweise 1-5 mmol/l, intrazellulär 5-10 mmol/l (2000-facher Gradient). In einer frühen Ischämiephase ist eine synaptische Glutamatfreisetzung für die auftretende Depolarisierung verantwortlich, nach Verlust der ATP-vermittelten Transportfunktionen ist aber von einer transmembranösen, nicht synaptischen Glutamatfreisetzung entlang des Konzentrationsgradienten auszugehen. Glutatmat wird mit einem Abfall des zerebralen Blutflusses auf ca. 20 ml/100g/min freigesetzt. Die ungehemmte Freisetzung von Glutamat verursacht in der Folge eine Destabilisierung des Kalziumstoffwechsels. Die glutamatabhängigen Kalziumkanäle lassen freie Ca2+-Ionen in grossen Mengen nach intrazellulär treten.

 

Die mit der Glutamatfreisetzung verbundene Depolarisation veranlasst die Öffnung der spannungsabhängigen Ca-Kanäle. Kalzium wird auch durch intrazellulären Energieverlust aus dem endoplasmatischen Retikulum und den Mitochondrien freigesetzt. Die intrazelluläre Freisetzung von Ca2+ bewirkt die Aktivierung von Calmodulin und der Phospholipase A2. Calmodulin wiederum aktiviert die Stickoxid-Synthetase, die Phosphokreatininkinase C, das zyklische Adenosinmonophosphat (AMP), die Gen-Expression dieser Enzyme und diejenige von diversen Regulationsgenen (c-fos, c-jun). Phospholipase A2 aktiviert die Bildung des Plättcheanaggregationsfaktors sowie die Bildung von Arachidonsäure. Arachidonsäure wird durch Cyclooxygenasen 1 und 2 zu Prostaglandinen und Leukotrienen metabolisiert.

 

Bereits eine halbe Stunde nach Einsetzen einer Ischämie können Leukozyten in der ischämischen Geweberegion nachgewiesen werden. Mehrere Oberflächen-Rezeptormoleküle werden aktiviert: interzelluläres Adhaesionsmolekül-1 (ICAM-1) und CD11b/18. ICAM-1 wird auf Endothelzellen exprimiert, induziert durch Interleukin-1 und Tumor-Nekrose-Faktor alpha (TNF*).Zelluläre Ischämie ist auch mit der Bildung freier Radikale, wie Superoxide (O2-), Peroxyl Radikale (RO2-), Stickoxyd (NO*) oder Hydroxyl (OH*)verbunden. Freie Radikale sind hochreaktive Moleküle, die kaskadenartig die Bildung weiterer freier Radikale bewirken können. So können ungesättigte Fettsäuren zu Lipidperoxiden werden, welche wiederum als Radikale reagieren. Die Lipidperoxdation wird durch freies Eisen (Fe2+, Fe3+) oder Eisenchelate katalysiert, welches aus Haemoglobin freigesetzt wird. Zellen verfügen über Enzyme und freie Radikalfänger, um sich gegen die Entstehung oder die Exposition mit Radikalen zu schützen. Solche Enzyme sind die Superoxiddismutase (SOD), die das Superoxidradikal zu H2O2 katalysiert, die Katalase, die H2O2 zu O2 und H2O metabolisiert. Die Gluthationperoxidase benötigt für diesen Schritt Glutathion als Cofaktor. Als freie Radikale wirken *-Tocopherol, *-Karoten, Ascorbinsäure und freies Glutathion.

Die klinisch-neurologische Untersuchung erfolgt syndromatisch. Die Einteilung, beruhend auf der OCSP-Klassifizierung von Bamford et al., [Bamford J; Lancet 1992;339:400-2] bewährt sich für die Initialbeurteilung, z.B. bei der Notfallaufnahme. Es kann aufgrund des neurologischen Befundes unterschieden werden:

  • Die lakunären Syndrome: Hierzu gehört eines der folgenden möglichen Syndrome: Rein motorische Hemiparese, rein sensible Hemisymptomatik, sensomotorische Hemiparese, ataktische Hemiparese oder seltenere lakunäre Syndrome wie Dysarthria-clumsy-hand (Dysarthrie und Dysdiadochokinese einer Hand).
  • Syndrome des gesamten vorderen karotidealen Versorgungsgebiets: Dazu gehört die Kombination von: Kortikaler Dysfunktion (Aphasie, Akalkulie, Raumsinnstörung), Vigilanzminderung, kontralateralem, homonymem Gesichtsfeldausfall (Hemi- oder Quadrantenanopsie) und kontralateraler, motorischer und/oder sensorischer Hemiparese, wobei mind. 2 Regionen (Gesicht, obere und untere Extremität) betroffen sein müssen. 
  • Syndrome eines Teils des vorderen Versorgungsgebiets: Hier sind nur 2 der 3 Komponenten vom kompletten vorderen karotidealen Syndrom vorhanden oder es besteht eine isolierte kortikale Dysfunktion wie Aphasie, Akalkulie, Raumsinnstörung etc. Auch begrenzte senso- und/oder motorische Hemiparesen (nur Gesicht und Hand, Monoparese) und Defizitsyndrome gehören hierzu.
  • Syndrome im hinteren/vertebrobasilären Versorgungsgebiet: Dazu gehören eines oder mehrere der folgenden Symptome: ipsilaterale Hirnnervenlähmung und kontralaterale motorische und/oder sensorische, Hemiparese bilaterale motorische und/oder sensorische Parese (Para- oder Tetrasymptomatik), dyskonjugierte Augenbewegungen, isolierte Hemianopsie oder isolierte zerebelläre Symptome (ohne zusätzliche ipsilaterale Pyramidenbahnzeichen).

Die Symptomatik bei Stenosen der ACI besteht in okulären oder fokalen zerebralen ischämischen Syndromen unterschiedlichster Ausprägung. Transiente ischämische Attacken (TIA), ein fokales neurologisches Defizit, dessen Symptome weniger als 24 Stunden andauern, treten häufig bei Atheromatose der Karotisbifurkation auf. 50-75% der Patienten mit atheromatöser Erkrankung der Karotis und Hirnschlag, erleiden auch TIA. Bei Patienten mit Hirnschlägen anderer Ätiologie sind es um 10 %. Hemisphärische transiente ischämische Attacken, dauern meist weniger als 15 Minuten und äussern sich nur motorisch, nur sensorisch oder kombiniert mit Symptomen der kontralateralen Extremitäten und Dysphasie. Neglect Symptome werden von Patienten selten berichtet, da sie schwierig wahrzunehmen sind. Patienten mit hochgradiger Karotisstenose können auch unwillkürliche, repetitive, kloniforme oder tremorartige, kurzdauernde Bewegungsstörungen einer oberen und unteren Extremität verspüren (sog. Limb shaking TIA). Durch rasche Lagewechsel oder Hyperextension des Kopfes werden sie ausgelöst und sistieren beim Hinsetzten oder -legen. Nach Endarterektomie verschwinden diese Symptome jeweils vollständig. Aufgrund der klinischen Manifestation allein kann die Pathogenese einer TIA nicht sicher einer kardiogenen oder arteriellen Ätiologie zugeordnet werden.Eine Amaurosis fugax (AF) ist eine monookluäre, kurzdauernde (bis 15, maximal 30 Minuten) Sehstörung mit dem Eindruck von Verschwommensehen, eines Nebelsehens oder eines sich schliessenden oder senkenden Vorhanges. Das Auftreten von Blitzen, Szintillationen oder verändertem Farbsehen ist meist Ausdruck von Migräne. Kopfschmerzen gehören nicht zum Krankheitsbild der AF. AF ist meist die Folge von Thromboembolien in retinale Arterien, die ihren Ursprung im Verlaufe der karotidealen Strombahn oder im Herzen, haben. Nur gelegentlich sind fundoskopische Veränderungen zu sehen, z.B. "Hollenhorst-Plaques", Cholesterinkristalle, die oft bei Patienten mit generalisierter Arteriosklerose nachgewiesen werden können. Selten kann sich eine retinale Ischämie bei hochgradiger Karotisstenose als Sehstörung beim Betrachten einer weissen Lichtquelle oder bei Blick in helles Licht, z.B. Sonnenschein äussern.

 

Bei fokalen zerebralen Ischämiesyndromen mit persistierender neurologischer Symptomatik ist aufgrund der klinischen Befunde allein die Unterscheidung zwischen hämodynamisch, durch Minderperfusion bedingte, oder embolisch verursachten Läsionen nicht immer zu unterscheiden. Als Hinweis für zerebrale Minderperfusion gelten häufige vorhergehende TIA und unilaterale Infarkte, geringe, an den unteren Extremitäten betonte, motorische Symptome, eingeschränkte Blickfolgebewegungen, transkortikal motorische und sensorische Aphasie, sensorische Aphasie, Dyskalkulie, konstruktive Apraxie und Greifreflexe. Computertomographisch sind in diesen Situationen Infarkte entlang der Versorgungsgrenzen der grossen zerebralen Arterien sichtbar, bei embolischen Infarkten entsprechen die radiologischen Befunde eher piomedullären territorialen Infarkten. Die klinische Symptomatik ist entsprechend auf Ausfallssyndrome der ACM, A. cerebri anterior (ACA) oder deren Aeste zurückzuführen. Lakunäre Syndrome gehören nicht zum Krankheitsbild der ACI-Stenose. Bei Befall mehrerer benachbarter Arterien, können kombinierte Syndrome auftreten.

 

Kooperationen

In unserem Zentrum schaffen wir ein Umfeld mit dem Höchstmass an Sicherheit: Ein erfahrenes Team unterschiedlicher Fachärztinnen und -ärzte, bestehend aus Neurologen, Notfallmedizinern, Intensivmedizinern, Neuro- und Gefässchirurgen sowie Radiologen, arbeitet interdisziplinär eng zusammen und tauscht sich regelmässig in Fachbesprechungen (Indikationskonferenzen) aus.

Die Neuroradiologie erbringt mit ihren Methoden die visuelle Darstellung der beim Hirnschlag erkrankten Hirnareale. Mit der Angiographie können zudem die Hirnarterien dargestellt und bei einem Teil der Patienten der Ursprung der Erkrankung festgestellt werden.

Sie dient der Koordination der Tätigkeiten der Stroke Unit zwischen den beteiligten Abteilungen und Diensten. Feste Teilnehmer sind die Pflegeleitungen der Abteilungen, die Vertreter der Rehabilitationsinstitute, die Pflegeberater Neurologie und die ärztliche Leitung Stroke Unit. Je nach Thematik werden weitere Fachpersonen eingeladen. Sie tagt mindestens 6x jährlich.

In der Indikationenkonferenz werden Fälle besprochen, die für operative oder neuroradiologisch interventionelle Therapien in Frage kommen. Es sind dies Patienten mit Karotisstenosen, Okklusionen im vertebrobasilären Kreislauf und intrakranielle Verschlüsse und Stenosen. (Vorlesungsverzeichnis Universität Basel Nr. 1537) Teilnehmer sind jeweils Vertreter der Neurologie, Neuroradiologie, Neurochirurgie, Gefässchirurgie und Nuklearmedizin.

 

Anmeldung Tel. +41 61 265 41 85

Dient der Weiterentwicklung der Stroke Unit. Alle Mitarbeiter mit Forschungsinteresse finden hier ihren Austausch.

Die Rehabilitation nach Hirnschlag wird von den internen Therapieinstituten übernommen und von den Pflegenden koordiniert. So werden einzelne Patienten auch ambulant weiterbehandelt. Die stationäre Neurorehabilitation findet im Felix-Platter-Spital, in besonderen Situationen in der Rehabilitationsklinik Rheinfelden oder Bruderholzspital statt (s. a. Partner).

Im Rahmen von Vorlesungen und Gruppenunterrichten erhalten Medizinstudenten unter anderem eine Einführung in die zerebrovaskulären Erkrankungen und Untersuchungsmethoden. (Siehe auch Vorlesungsverzeichnis Universität Basel Nr. 1418, 1444, 1244, 1606, 1608).

Mittels Ultraschalltechnik werden die Hirnarterien am Hals und im Schädelinneren untersucht. Die Untersuchung gibt Aufschluss über die Lokalisation und den Schweregrad von Stenosen und Verschlüssen. In der zerebrovaskulären Sprechstunde werden Patienten mit symptomatischen Hirngefässerkrankungen beraten oder nachuntersucht.

Die Partnerspitäler des Hirnschlagzentrums

Felix Platter-Spital: Spitalübergreifende Behandlung von Hirnschlag-Patienten, von der Akut- bis in die Rehabilitationsphase; Neurologische Co-Leitung der Neurorehabilitationsabteilung

 

Kantonsspital Baselland, Bruderholz: Rehabilitation

 

Reha Rheinfelden: Hirnschlagrehabilitation und neurokognitive Abklärung und Therapie

 

Hôpital du Jura, Site Porrentruy: Rehabilitation

 

REHAB Basel: Rehabilitation schwerstbetroffener Hirnschlagpatienten

Qualitätssiegel

Zur optimierten Behandlung von Hirnschlagpatientinnen und -patienten wurden in der Schweiz, ähnlich wie in manchen Europäischen Ländern, zertifizierte Stroke Center aufgebaut. Das Hirnschlagzentrum Basel erhielt im Frühling 2014 sein offizielles Qualitätssiegel als sogenanntes «Stroke Center» gemäss den Richtlinien der Schweizerischen Hirnschlaggesellschaft und den Zertifi zierungsvorgaben der Swiss Federation of Clinical Neuro-Societies (SFCNS). Das Hirnschlagzentrum Basel zeichnet sich durch dieses Qualitätslabel als eines der acht zertifizierten Schweizer Stroke Center aus.

 

An einem Stroke Center sind alle gängigen diagnostischen Methoden und Behandlungen für akute zerebrovaskuläre Erkrankungen vor Ort verfügbar. Dies umfasst auch die Massnahmen, die der hochspezialisierten Medizin zugeordnet wurden. Diese können sein: kathetertechnische Wiedereröffnung okkludierter Hirnarterien in der Akutphase oder als elektive Intervention zur Sekundärprevention, Kraniektomie, interventionelle oder neurochirurgische Behandlung von intrakraniellen Aneurysmen und arteriovenösen Missbildungen.

 

Die Vorteile davon kommen unseren Patientinnen und Patienten zugute: Die Chance, einen Hirnschlag zu überleben und keine Behinderungen davon zu tragen, erhöht sich in einem spezialisierten Stroke Center um 25 Prozent (Quelle: Deutsche Schlaganfall Hilfe) und die Nachbehandlung erfolgt jeweils nach dem neusten Kenntnisstand.