Gruppenfoto Heyer, Merkle, Vosshenrich und Meyer

«Aus ist eben nicht aus» – wie die Radiologie den Energieverbrauch im Alltag reduziert

Unsere Radiologen erklären, wie sie den Umgang mit Strom ändern. So schaffen sie es, immense Energiemengen und CO2-Emissionen einzusparen.

Im Gespräch:

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Prof. Dr. Elmar Merkle

Chefarzt Radiologie und Nuklearmedizin, ärztlicher Leiter Departement Theragnostik

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Welche Methoden haben Sie entwickelt, um den Energieverbrauch in der Bildgebung zu untersuchen?
 

Tobias Heye: Wir haben bei jedem unserer vier MRTs und drei CTs während eines Jahres alle halbe Sekunde den Energieverbrauch gemessen. Zudem haben wir aus dem Radiologie-Informationssystem und den Geräten Daten darüber gezogen, welche Aktion das Gerät gerade ausführt.
 

«Wir wollten den CO2-Fussabdruck in der Radiologie verbessern.»
 

Dank einer Kooperation mit der Fachhochschule Nordwestschweiz, die eine Software für uns entwickelt hat, konnten wir – unterstützt von unserem Gerätehersteller – diese drei Quellen zusammenführen. Dafür haben wir von 2012 bis 2015 gebraucht – obwohl wir am USB, insbesondere von der Energietechnik, sehr gut unterstützt wurden. Unser Engagement hat also eine lange Vorgeschichte. Wir waren getrieben vom Wunsch nach Nachhaltigkeit. Nicht Strommangel und Kosteneinsparungen waren Treiber einer schnellen Lösung – wir wollten den CO2-Fussabdruck unseres Fachs verbessern.
 

Wie hoch ist denn nun der Energieverbrauch radiologischer Geräte?
 

Tobias Heye: Mittlerweile wissen wir, dass ein durchschnittlich ausgelastetes CT-Gerät im Jahr bis zu 25’000 kWh verbraucht. Das ist so viel, wie fünf Haushalte mit vier Personen in einem Jahr brauchen. Bei einem MRT-Gerät ist es mehr. Es können bis zu 140’000 kWh sein. Das entspricht dem Stromverbrauch von 26 Haushalten mit jeweils vier Personen. Das sind enorme Mengen. Was uns nach der Auswertung jedoch am meisten erschreckt hat, ist der hohe nichtproduktive Anteil dieser Geräte. Dort versuchen wir anzusetzen.

 

«Aus ist eben nicht aus.»
 

Elmar Merkle: Beim CT waren 70 Prozent des Stroms unproduktiv – es gibt keinen Standby-Modus. Beim MRT waren es 30 Prozent. Es wird auch nachts aufwendig gekühlt – aus ist eben nicht aus, auch wenn wir einige Verbesserungen erreichen konnten.

Sie haben sich schon früh mit dem Thema Nachhaltigkeit in der Radiologie beschäftigt. Wieso?
 

Elmar Merkle: Vor zwölf Jahren haben wir uns gefragt, welches radiologische Grossgerät wie viel Energie braucht. Ob der Magnetresonanztomograf (MRT) oder der Computertomograf (CT) der grössere Stromfresser ist, ob diese Mengen vernachlässigbar oder gigantisch sind. Das war 2011 an der Duke University in den USA. Tobias Heye und ich haben uns dort kennengelernt.
 

Seitdem haben wir Methoden entwickelt, die den Verbrauch messen. Damals rückte das Thema Nachhaltigkeit erst langsam ins gesellschaftliche Interesse. Auch Google lieferte zum Schlagwort «sustainability» in Zusammenhang mit «medical imaging» noch keine brauchbaren Ergebnisse.

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PD Dr. Tobias Heye

Leitender Arzt

Leitung Informationstechnologie, Stv. Leitung abdominelle und onkologische Diagnostik

Radiologie und Nuklearmedizin

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Dr. Jan Vosshenrich

Oberarzt abdominelle und onkologische sowie muskuloskelettale Diagnostik

Radiologie und Nuklearmedizin

 «Es gibt Geräte, die schalten wir nun zwischen den Untersuchungen aus.»
 

Manfred Meyer: Jan Vosshenrich hatte die Idee, den Stromverbrauch aller radiologischen Geräte zu prüfen. Auch unsere Angiografieanlage zur Darstellung von Gefässen verbraucht viel Strom: in etwa doppelt so viel wie ein CT. Im Vergleich zum CT ist die Anlage jedoch nur selten ausgelastet. Da sie in heruntergefahrenem Zustand deutlich weniger Energie braucht, schalten wir die Geräte wenn möglich zwischen den Untersuchungen aus.

Sie haben vor allem auf den Stromverbrauch der Grossgeräte fokussiert?
 

Jan Vosshenrich: Nicht nur. Mittlerweile laufen nachts nur noch 17 statt 32 PC und Workstations. Auch haben wir die Aktivität von 28 unserer 55 Drucker eingeschränkt – allein dadurch konnten wir 3600 kWh einsparen. Energiesparen lohnt sich auch im Kleinen.
 

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Manfred Meyer

Assistenzarzt

Radiologie und Nuklearmedizin

Jan Vosshenrich:

«2023 können wir am USB CHF 56'000 Stromkosten sparen, dank energietechnischer Anpassungen bei kleinen und grossen Geräten. Das sind 9,3 Tonnen CO2-Emissionen.»

Manfred Meyer:

«Unsere PET/CT-Geräte wurden früher nie abgestellt, obwohl sie nachts und an den Wochenenden nicht eingesetzt werden. Die PET-Komponente kann man aus technischen Gründen nicht abstellen, die CT-Komponente indes schon – damit konnten wir den Verbrauch von durchschnittlich sechs auf vier kW reduzieren.» 

Tobias Heye:

«Wir haben im Jahr 2020 unsere Daten zum Stromverbrauch von CT und MRT hochrangig in einem radiologischen Journal publiziert. Mittlerweile ist das Echo immens – von anderen Spitälern national und international.»